E-Bike nachrüsten: So einfach und sinnvoll ist es wirklich
Felix Bahr
Die Gründe für den Umstieg auf ein E-Bike sind entweder gesundheitlicher Natur oder weil man schlichtweg keine Lust mehr auf selbst strampeln hat. Aus ökologischen Gründen verzichtet man auf das Auto, aber dadurch wird der Weg zur Arbeit gefühlt länger und wo kommen plötzlich die ganzen Anstiege her? Jetzt ist es wirklich an der Zeit für ein elektrisches Fahrrad! Was viele dabei gar nicht wissen: Der Umbau des bereits vorhandenen Fahrrads ist oft günstiger als der Neukauf eines E-Bikes. Aber wie leicht kann man wirklich einen E-Bike nachrüsten, um dem alten Drahtesel die Extraportion Power zu geben? Und kann man das auch ohne Fachwissen allein umbauen oder braucht man dazu einen professionellen Fahrradschrauber?
E-Bike nachrüsten: Kann mein Fahrrad das?
Theoretisch kann so ziemlich jedes Fahrrad zum E-Bike umgebaut werden. Das hat den Vorteil, dass man das eigene gewohnte Rad weiterhin nutzen kann. Aber ist es auch sinnvoll und hält das alte Rad den Umbau überhaupt aus?
Ein Beispiel:
E-Bikes für sehr große Menschen mit einer Körpergröße von über 2 Metern sind im Fachhandel ziemlich selten und in der Größe besonders teuer. Die Lösung: Einfach das eigene Fahrrad auf ein E-Bike umrüsten. Neben Motor und Akku muss dazu ja nur noch weitere Elektrik in Form von Steuerung und Display verbaut werden. Wenn man einen E-Motor am Fahrrad nachrüsten will, ist zudem eine hydraulische Bremse besonders wichtig. Sie fängt das erhöhte Gesamtgewicht von Fahrer bzw. Fahrerin, Bauteilen und Gepäck ab.
All das zusammen kann schon mal ein Zusatzgewicht von fünf bis zehn Kilo mehr am Rad bedeuten. Besonders dünne und ältere Rahmen halten das vielleicht nicht aus und können bei hohen Geschwindigkeiten brechen. Nur weil das Umrüsten zum E-Bike also möglich ist, ist es nicht immer sinnvoll oder sicher!
Fun Fact:
Ein Rennrad mit E-Motor nachrüsten ist natürlich auch möglich, gehört dann aber wahrscheinlich doch eher in die Kategorie Stilbruch. Das Mountainbike mit einem E-Antrieb nachrüsten aufgrund des stabilen Rahmens und Fahrten durch unwegsames Gelände ist hingegen schon wieder sinnvoll.
Welchen Elektroantrieb am Fahrrad nachrüsten: E-Bike Motoren Vergleich
Um ein Fahrrad mit einem E-Motor nachzurüsten, stehen verschiedene E-Bike Antriebsarten zur Auswahl: Mittelmotor, Heckmotor und Frontmotor. Aus diversen Gründen hat sich der Mittelmotor zur beliebtesten Motorvariante etabliert. Hier ist das Gewicht ideal ausbalanciert, was in einem natürlichen Fahrverhalten resultiert. Dafür sind diese Motoren aber meist teurer und der Einbau auch komplizierter als bei Nabenmotoren.
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Mittelmotor |
Heckmotor |
Frontmotor |
Einbau/ Aufwand |
aufwändig |
aufwändig |
leicht |
Kosten |
500 Euro – 1.700 Euro |
250 Euro – 800 Euro |
200 Euro – 600 Euro |
Besonderheiten |
- natürliches Fahrgefühl - keine Rücktrittbremse möglich |
- verzögerte Trittunterstützung - eher selten beim Umbau gesehen |
- Rekuperation möglich - Einbau in wenigen Minuten |
Einige Sets beinhalten bereits einen oder mehrere Akkus, welche dann entsprechend teurer sind. Optional kann man aber auch selbst kompatible Akkus erwerben. Je nach Hersteller ist manchmal sogar ein zusätzlicher Gashebel für den Motor enthalten. Diese befördern das E-Bike aber eher in die Kategorie E-Mofa & Co. und dafür gelten andere Zulassungen. Das Fahren damit wäre ohne Anmeldung und Führerschein illegal.
Side Fact:
Fahrräder mit elektronischer Unterstützung bis zu 250 Watt gelten in der EU noch nicht als Kraftfahrzeuge. E-Bikes mit einer höheren Nennleistung werden allgemein als S-Pedelecs bezeichnet. Diese zählen zu den Kleinkrafträdern und müssen als Kraftfahrzeug angemeldet werden und ein Kennzeichen führen.
E-Bike Mittelmotor nachrüsten
Mittelmotoren sind im Großteil der E-Bikes verbaut. Aufgrund der mittigen Platzierung am Fahrrad ist das Gewicht ideal ausbalanciert. Das Besondere ist die aktive Trittunterstützung, wodurch ein natürliches Fahrgefühl entsteht. Das Umbau-Set für Mittelmotoren ist schnell im Fachhandel oder online gekauft. Im Paket sind in der Regel enthalten:
- E-Motor
- Display
- Geschwindigkeitssensor
- Pedale
- Kabel
- Akku (optional)
Die Montage des Mittelmotors gestaltet sich als eher kompliziert. Erst muss das Tretlager ausgetauscht werden, denn an diese Stelle kommt nun der Motor. Auch müssen Bremshebel ausgetauscht und zusammen mit Display und Steuereinheit am Lenker befestigt werden. Das Fahrradlicht an der Gabel sowie Akku am Rahmen und Geschwindigkeitssensor am Hinterrad müssen ebenfalls eingebaut und mit Kabeln verbunden werden. Ungeübte Hände benötigen für den kompletten Einbau mehrere Stunden und so kann schon mal der ganze Sonntag dafür draufgehen.
E-Bike nachrüsten: Vorderrad mit Motor
Am Fahrrad einen Frontmotor nachrüsten? Nichts leichter als das! Frontnabenmotoren sind nicht nur die günstigste, sondern zugleich auch die einfachste Umbaumethode. Da sie mit dem Pedalwerk gar nicht erst in Berührung kommen, können mit ihnen sämtliche Schaltungen genutzt werden – sogar Fahrräder mit Rücktrittbremse. Mit einigen Ausführungen ist ebenfalls eine Rekuperation, also die Rückgewinnung von Energie möglich. Die Sets enthalten meist nur wenige Teile:
- Vorderrad mit eingebautem E-Motor
- Steuereinheit
- Display
- Kabel
- Akku (optional)
Der Einbau des Fronantriebs ist in wenigen Minuten erledigt. Auch von ungeübten Händen. Es muss lediglich das Vorderrad über den Schnellspanner oder eine einfache Schraube herausgenommen und das neue Rad mit Motor wieder eingesetzt werden. Anschließend noch Display und Kabel am Rad befestigen und fertig. Allerdings bieten Frontantriebe bei E-Bikes nicht unbedingt das beste Fahrgefühl. Da der Motor im Vorderrad verbaut ist, entsteht für viele das unnatürliche Gefühl, als würde man vom Vorderrad gezogen werden. Aber mit etwas Zeit auf dem Sattel gewöhnt man sich auch daran.
E-Bike mit Hinterradmotor nachrüsten
Einen Heckmotor am Fahrrad nachzurüsten ist ungefähr genauso kompliziert wie der Einbau eines Mittelmotors – wenn nicht sogar noch schwieriger. Darum raten viele Fahrradläden auch davon ab. Das Fahrgefühl ist aufgrund der Schubkraft von hinten dafür jedoch sehr angenehm. Was hierbei sofort auffällt: Der Heckmotor für E-Bikes kommt erst nach einer Pedalumdrehung in die Gänge. Sobald man nicht mehr in die Pedale tritt, läuft der Motor noch circa eine halbe Sekunde nach. In gängigen Umbaupaketen ist folgendes enthalten:
- Hinterrad mit eingebautem Motor
- Steuereinheit
- Display
- Kabel
- Akku (optional)
Einen E-Bike-Hinterradmotor nachzurüsten wird schnell zur Bastelaufgabe. Als erstes muss das alte Hinterrad ausgebaut werden. Da hier Kette und Zahnräder im Weg sind, wird es definitiv schmutzig. Je nachdem, ob bereits Schlauch und Mantel am neuen Hinterrad mit Motor sind, müssen diese eventuell vom alten Reifen entfernt und wieder neu aufgezogen werden. Besonders wichtig ist der Zahnkranz. Auch dieser muss vom alten Rad an das neue geschraubt werden, damit die Kette und Schaltung auch weiterhin funktioniert. Wer hier nicht die nötigen Grundkenntnisse besitzt, sollte sich lieber Hilfe dazu holen. So ein Umbau kann schon mal mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Nachdem das neue Rad eingebaut ist, müssen noch Display, Akku, Bremshebel und Kabel am E-Bike verbaut werden.
Side Fact:
Heckmotoren sind bei bereits fertigen E-Bikes noch häufig vertreten. Nur der eigene Umbau scheint nicht gerade beliebt zu sein, weshalb es auch nur wenige Sets am Markt gibt.
Fahrrad selbst zum E-Bike umrüsten?
Prinzipiell kann jeder ein Fahrrad selbst nachrüsten. Die Einbausätze enthalten eine Anleitung und im Zweifel helfen Video-Anleitungen im Internet weiter. Aber: Da man an empfindlichen Teilen herumschraubt und es bei kleinsten Fehlern zu üblen Stürzen kommen kann, sollte man auch nur beim kleinsten Zweifel einen Experten, Fachmann oder befreundeten Schrauber hinzuziehen.
Auch ist das jeweilige System ausschlaggebend. Der Frontmotor ist schnell eingebaut, der Mittelmotor ist hingegen eine Klasse für sich. Zudem ist ein gewisses Verständnis für elektronische Bauteile von Vorteil. Immerhin müssen Kabel verlegt und mit anderen Geräten verbunden werden. Unterm Strich erledigt das eine Werkstatt mit geübten Handgriffen im Bruchteil der Zeit, die ein Laie benötigen würden.
Side Fact:
Wer selbst am Fahrrad rumschraubt, verliert jegliche Form von Garantieansprüchen. Geht das Fahrrad bei oder nach dem Umbau kaputt, steht man ohne E-Bike da.