Erfahrungsbericht: Mit dem E-Auto und Wohnwagen in den Campingurlaub
e-mobility Redaktion
Unsere Mission ist es, beim Wechsel in die Elektromobilität zu informieren, Fragen zu beantworten und über immer noch vorhandene Vorurteile und Mythen aufzuklären. Ratgeberartikel zum Thema "Elektroauto & Wohnwagen" sind hilfreich, doch reale Erfahrungsberichte aus dem Alltag der Fahrer beschreiben die Themen und Situation so wie sie sind – echt und authentisch. Da jeder unterschiedliche Anforderungen an die persönliche E-Mobilität hat, werden in dieser Rubrik verschiedene Sichtweisen weitergeben, die die unterschiedlichen Bedürfnisse widerspiegeln. Lassen Sie sich von den Erfahrungen unserer Interviewpartner inspirieren.
Heute haben wir einen Reiseliebhaber zu seinen bisherigen Erfahrungen befragt, wenn es um den Campingurlaub mit E-Auto und Wohnwagen geht.
Hallo, stell dich kurz vor.
Ich heiße Kai Möller. Als Inhaber von Destillatio und Buchautor im Leopold Stocker Verlag muss (oder darf) ich im rollenden Homeoffice arbeiten. Ich besuche gemeinsam mit meiner Frau Zulieferer und Kunden, entwickle neue Produkte (zunehmend aus dem Outdoor und Campingbereich) und kümmere mich online um den Wareneinkauf, die Internetseite, sowie die Texte und Bilder bei Destillatio.
Welches E-Auto fährst du?
Ich fahre einen 2015er Tesla Model S 85D mit nachgerüsteter 1.850 Kilo AHK.
Seit wann fährst du elektrisch?
Seit April 2015.
Wie bist du zur Elektromobilität gekommen?
Ich war zuvor stark genervt von Qualität, Service, Support, Kulanz und Kosten bei Mercedes und hatte dann alle möglichen anderen Marken Probe gefahren. Dabei musste ich feststellen, das kein Auto mehr meiner Vorstellung entspricht. Das Model S von Tesla hatte mich dagegen begeistert. Damals vor allem wegen dem vielen Platz für den Fahrer sowie dem zusätzlichen Stauraum unter der Haube und im Kofferraum. Wie sehr mich der Tesla in den Jahren danach begeistert, konnte ich damals noch nicht ahnen. Es war ein Trotzkauf, um nicht nochmal etwas von den „Betrüger“ Konzernen kaufen zu müssen.
Welchen Wohnwagen besitzt du?
Wir ziehen einen Wohnwagen Model Eriba Touring 530 in der Rockabilly Ausstattung hinterher. Auf der Suche nach einem möglichst aerodynamischen Wohnwagen unter 1.850 Kilo hatten wir uns schnell in den Eriba verliebt.
Seit wann hast du den Wohnwagen?
Im Februar 2020 war es endlich möglich eine Anhängerkupplung an den Tesla zu montieren. Im März hatten wir alles fertig montiert und eingetragen und den Eriba bestellt. Im Juni 2022 wurde er dann geliefert und wir starteten sofort mit einer ersten Testfahrt ins Allgäu.
Was war der Grund einen Wohnwagen zu kaufen?
Aerodynamik und die gute Ausstattung mit der Möglichkeit zum Touren und Freicampen.
Wie oft bist du mit dem Wohnwagen unterwegs?
Sehr oft und lange.
Welche längeren Reisen hast du wohin mit dem Elektroauto und Wohnwagen gemacht?
2020 starteten wir zunächst eine Testfahrt ins Allgäu und in die Berge bis nach Liechtenstein und in die Schweiz. Danach waren wir überzeugt, dass unser Tesla das kann. Die Frage, welches E-Auto kann einen Wohnwagen ziehen, war somit beantwortet. Es folgte eine Tour an die Nordsee und in die Niederlande und wir starteten dann zu unserer ersten großen Tour mit einem Eriba Treffen auf Fehmarn nach Schweden und Norwegen. Im Oktober 2020 waren wir (sehr wahrscheinlich) der erste E-Wohnwagen am Nordkapp.
Corona hat einige Fahrten verhindert und wir mussten uns schwer zurückhalten. Dafür sind wir 2022 nochmal in die Berge gefahren und haben im Winter danach einmal Spanien gegen den Uhrzeigersinn umrundet. Im Moment stehen wir mit unserem E-Auto und dem Wohnwagen nach einer ausgiebigen Italienrundreise in einer wunderschönen Bucht auf der Peleponnes in Griechenland und ziehen im Laufe der nächsten drei Wochen über Bulgarien und Rumänien zurück nach Deutschland.
"Da unsere Kinder bereits außer Haus sind und wir im „Homeoffice“ unterwegs arbeiten können, sparen wir eine menge an Heizkosten, wenn wir unseren Winter mit dem Eriba im Süden verbringen."
Was war deine weiteste Strecke bis jetzt?
Die längste Etappe sprich die größte Reichweite am Stück lag bei 228 Kilometern, die längste Tagestour mit E-Auto und Wohnwagen bei 860 Kilometern. Meistens touren wir aber über winzige Landstraßen und genießen mit Wohnwagen und Elektroauto die Strecke. Während der Nordkapp Tour schafften wir insgesamt 12.000 Kilometer, die Spanien Umrundung lag ähnlich und so wie es aussieht haben wir auf unserer Italien-Griechenland Fahrt die 12.000 Kilometer schon überschritten.
Wie planst du deine Reisen (achtest du auf bestimmte Gegebenheiten)?
Eigentlich gar nicht. Ein Beispiel: Ursprünglich wollten wir nach Schottland, es gab aber Probleme mit dem Fährticket, so dass wir ziemlich kurzfristig nach Italien zogen. Wegen dem Dauerregen hatten wir uns spontan ein Fährticket nach Griechenland geleistet und es nicht bereut.
Verwendest du einen Routenplaner? Wenn ja, welchen und weshalb genau dieser?
Nein. Wobei wir auf Langstrecken unserem Navi vertrauen und Tesla Supercharger bevorzugen. Die funktionieren immer und wir dürfen dank unserer „Lifetime Free Supercharger“ Reiseflatrate gratis laden. Ansonsten touren wir eher gemütlich und ohne wirkliches Ziel von einem Ort zum nächsten. Wir markieren seit Jahren interessante Orte in Google Maps und besuchen die meisten davon dann wenn wir unterwegs sind. Ladestationen suchen wir meistens erst, wenn es nötig ist und nutzen dazu dann je nach Region und Anbieter verschiedene Apps.
"Wir haben gelernt, die Pausen zu nutzen. Wenn möglich bevorzugen wir die schönere Ladestation, hängen den Wohnwagen ab und nutzen die Zeit zum Beispiel zum Kochen, Essen, Arbeiten oder um die Gegend zu erkunden."
Merkst du einen großen Unterschied bei der Reichweite, wenn du den Wohnwagen hinten dran hast? Wenn ja, stört es dich sehr?
Ja, aber es stört uns nicht.
Ohne Wohnwagen fahren wir mit dem E-Auto bei normaler Fahrweise über 300 Kilometer auf der Autobahn. Durch das Ziehen des Wohnwagens reduziert sich das auf Etappen von 175 bis 200 Kilometern. Das entspricht der vom ADAC gewünschten Fahrweise mit einer Pause alle zwei Stunden. Obwohl wir früher auch extrem Langstrecken brutal am Stück gefahren sind, genießen wir heute das entschleunigte „Sein“ mehr, als die strapaziösen Touren der Vergangenheit. Im Elektroauto und Wohnwagen reist es sich einfach wesentlich entspannter.
Auf welche Besonderheiten muss man sonst bei einem Campingurlaub mit E-Auto und dem Extragewicht durch den Wohnwagen achten?
Die Angst vor dem Berg! Es macht wirklich Sinn sein E-Mobil mit Wohnwagen einmal in der „Sicherheit“ der Schweiz oder Österreichs in die Berge zu jagen. Einmal Alpenpässe überqueren. Da kann man als Anfänger leicht nervös werden, vor allem wenn man sein Auto nicht kennt oder mit den Besonderheiten des Rekuperierens nicht vertraut ist. Auf einer konstanten Steigung fällt die angezeigte Reichweite extrem. Wir sind teilweise mit Verbräuchen von über 1.000 Wh/km gefahren.
Wenn man sein Elektroauto kennt, dann weiß man zum einen seiner Reichweitenanzeige zu vertrauen. Die ist nämlich viel genauer als bei einem Verbrenner. Zum zweiten aber, und das ist viel wichtiger: Keine Bergstrecke ist endlos! Es geht immer auch wieder nach unten, wo man dann je nach Fahrweise den Mehrverbrauch zurückholen kann und auf „unendliche“ Reichweiten kommt.
"Es macht natürlich Sinn in den Alpen oder Pyrenäen die Lademöglichkeiten zu prüfen, aber Angst muss man keine haben. Wir sind mehrere Alpenpässen gefahren und bergab kann man dank dem Mehrgewicht des Wohnwagens auch wieder eine Menge Kilometer zurückgewinnen."
Jedenfalls, wenn man verhindert, dass der Wohnwagen in die Bremse läuft und dadurch das Rekuperieren verhindert. Eine sanfte Fahrweise hilft hier ungemein.
Würde ein E-Wohnwagen für dich in Frage kommen, welcher elektrisch angetrieben wird, um das gezogene Gewicht zu reduzieren?
Nein. Das ist Blödsinn, weil man dann ja zwei Fahrzeuge auf Langstrecke aufladen und zusätzliches Gewicht mitschleppen müsste. Was Sinn machen würde, wäre tatsächlich eine maximal große Solarfläche (mit Markise?) und ein großer Lithium-Akku im Autarkpaket des Wohnwagens. Wir können heute schon mit unserem kleinen System mit 4 aufgeklebten 100 Watt Modulen und 200 Ah Lithiumakku den Tesla ein klein wenig aus dem Wohnwagen heraus aufladen.
Eine geplante Kombination aus Zugfahrzeug und Wohnwagen wäre ein Traum. Ein Elektrowohnwagen der selber rekuperiert und dann beim Campen in der Lage ist Strom ins Auto zu laden. Wir sind so schon nahe dran am unendlichen Freicampen.
"Die Technik ist in vielen Ländern zuverlässig und die Apps zeigen an, welche Station defekt oder besetzt ist."
Wie oft musst du bei einer typischen Reise laden? Funktionieren die Ladesäulen in anderen Ländern gut und gibt es genug?
Es gibt genug Ladestationen und Platz für das Laden von einem E-Auto und Wohnwagen. Leider findet man die nicht alle so einfach über unsere Apps. Griechenland ist zum Beispiel gut ausgestattet, die Ladestationen sind aber kaum in den typischen Apps eingetragen. Wir nutzen mittlerweile 4 Betreiber und müssen bei jedem einzelnen nach Ladestationen im Umkreis suchen.
Die meisten Ladestationen, die man in Europa findet, bieten 22 kW. Es ist uns völlig unverständlich, warum so wenige Hersteller keine entsprechenden „OnBoard“-Ladegeräte verbauen. Der Unterschied ist enorm. Wir können während eines Einkaufs und dem anschließenden Mittagessen dank 22 kW Doppellader unser Auto aufladen. Bei einem 11 kW Ladegerät müssten wir doppelt so lange viele Stunden warten. Ich empfehle jedem darauf zu achten, wenn er ein E-Mobil kauft und außerhalb der „normalen“ Routen fahren will. Schnellladesäulen sind in Galizien oder am Peleponnes dann doch eher selten.
Gab es schon einmal eine Situation, welche dich viele Nerven gekostet hat? Wenn ja, wie wurde sie gelöst?
In Holland wollte ich wissen, wie zuverlässig mein Tesla mit der zusätzlichen Last fährt und wie weit die Reichweitenanzeige noch genau ist. Ich dachte auf einer flachen Strecke in einem E-Mobil-vorbildlichen Land und mit ADAC kann ich es darauf ankommen lassen. Durch die höhere Last ist unser Auto mit einer angezeigten Restreichweite von 5 Kilometern stehen geblieben. 800 Meter vor der Ausfahrt zum nächsten Supercharger. Wir wurden an die Ladestation geschleppt und konnten wieder aufladen.
Wichtig zu wissen: Bei hoher Last schalten die Batterien eher ab.
Warum lieber elektrisch in den Campingurlaub als mit Verbrenner?
Wir würden überhaupt nie wieder einen Verbrenner fahren wollen. Die E-Mobilität hat für uns extrem viele Vorteile und nur sehr wenige Nachteile. Gerade beim Campen mit Elektroauto überwiegen die Vorteile sehr deutlich. Auf den meisten Campingplätzen darf man sein Auto aufladen und hat entsprechend immer ein „vollgetanktes" Auto zur Verfügung.
Für uns als Freicamper ist die Verbindung zwischen dem Auto und dem Wohnwagen großartig.
"Wir können den Wohnwagen auch aus dem Akku des Autos heraus betreiben, was uns viele Tage komfortables Freistehen erlaubt, ohne an eine Steckdose denken zu müssen. Das kann kein Verbrenner."
Was darf auf keinem Fall auf der Reise mit E-Auto und Wohnwagen fehlen?
Handy mit Vertrag zum downloaden der Betreiber Apps für die Ladestationen.
Was war dein beeindruckendstes Erlebnis bei einer deiner Reisen?
Sehr surreal erschien uns die zufällige Begegnung mit Andreas auf einem kleinen Campingplatz bei Valencia. Er hatte exakt das gleiche Gespann wie wir, nur in blau. Mittlerweile kennen wir auch noch einen zweiten Andreas, der den gleichen roten Eriba mit einem silbernen Tesla S zieht. Es gab schon mehrfach Verwechslungen.
Schön war auch die winzige Ladestation direkt am Strand in Nordspanien. Dort war Camping verboten, aber die Polizei glaubte uns, dass wir zwei Tage lang aufladen müssen. Wir campen öfters in erster Reihe, wenn es die Ladestation hergibt.
Welche Tipps möchtest du den Lesern mitgeben aufgrund deiner gesammelten Erfahrungen mit E-Auto und Wohnwagen?
- Reichweitenangst ist unnötig. Unsere Autos sagen uns genau wie weit wir kommen.
- Rekuperieren bewirkt Wunder bei Wohnwagenfahrten.
- Wer ein E-Mobil kauft sollte genau auf die Ladegeschwindigkeiten bei AC und DC achten.
Kai, vielen Dank für das Gespräch.
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Kais Auto und Wohnwagen
Tesla Model S 85D |
|
Antrieb |
Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit |
250 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h |
4,4 s |
Reichweite WLPT |
491 km |
Reichweite real |
422 km |
Neupreis |
92.800 € |
Lieferzeit |
1-3 Monate |
Wenn Sie nicht genug von Campingerlebnissen bekommen können, schauen Sie gerne beim E-Camper Treffen am 22. April 2023 in Steyerberg Niedersachsen vorbei! Für mehr Informationen melden Sie sich gerne bei Kai.
Bildquellen: Kai Möller