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    Elektroauto: Anhängelast, die eingefleischte Autofahrer überzeugt

    7.3.2023 |
    Felix Bahr
    E-Auto Anhängelast: Demonstriert von Tesla Model S und Anhänger mit Boot

    Inhalt

    Einer weitverbreiteten Annahme nach besitzen E-Autos keine Anhängerkupplung, weil sie eh keine schweren Lasten ziehen können. Und selbst wenn sie es könnten, würde ihre Reichweite erheblich sinken. Wer das glaubt, ist falsch informiert! Elektroautos mit Anhängerkupplung gibt es genügend und Lasten damit zu ziehen ist ebenfalls kein Problem. Wir erklären, warum.

    E-Auto mit Anhängerkupplung

    Elektroauto-Anhängerkupplungen sind nichts Außergewöhnliches. Viele Modelle können gegen einen Aufpreis bereits ab Werk mit Anhängerkupplung bestellt werden – das beweist die Masse an bereits existierenden Listen im Internet. Einige wenige Fahrzeuge wie das Tesla Model X haben die AHK beim Kauf bereits inklusive.

    Auszug: Beispielhafte E-Autos mit Anhängerkupplung

    E-Auto

    Kosten für AHK

    max. Last

    Tesla Model Y

    1.350 Euro

    1.600 kg

    Tesla Model 3

    1.350 Euro

    1.000 kg

    Skoda Enyaq iV

    750 Euro

    1.000 kg

    BMW iX

    1.200 Euro

    2.500 kg

    Audi e-Tron

    790 Euro

    1.800 kg

    Tabelle: So viel zahlt man bei verschiedenen E-Autos für die AHK drauf

    Bei gebrauchten E-Autos hat man keinen Einfluss auf die Ausstattung. Je nach Modell kann man eine Anhängerkupplung nachrüsten lassen. Kostenpunkt im Schnitt 200 bis 500 Euro für eine Kupplung und mindestens 100 Euro für den Einbau. Teilweise muss das Fahrzeug dafür bereits vom Hersteller vorbereitet sein – Audi zum Beispiel bietet beim Neukauf auch explizit die Option „Vorbereitung für Anhängerkupplung“, falls die AHK später nachgerüstet werden soll.

    Side Fact:
    Für einige Modelle werden keine Anhängelasten vom Hersteller genannt. In den meisten Fällen bedeutet das, eine Anhängerkupplung sollte auch nicht nachgerüstet werden. Gerade Kleinwagen (egal, ob Elektro oder Verbrenner) sind von Natur aus keine guten Zugmaschinen.

    Welche E-Autos dürfen einen Anhänger ziehen?

    Prinzipiell darf jedes E-Auto mit Anhängerkupplung und ausgewiesener maximaler Anhängelast einen Anhänger ziehen. Viel wichtiger ist, darauf zu achten, dass man keinen zu großen Anhänger koppelt oder diesen mit zu viel Gewicht belädt. Das kann die generelle Sicherheit und Stabilität während der Fahrt verschlechtern.

    Wie hoch ist die Elektroauto-Anhängelast?

    Die Anhängelast ist die maximale Masse, die das Elektroauto samt Anhänger ziehen kann, ohne dass dabei die Sicherheit oder Fahrstabilität beeinträchtigt wird. Grundsätzlich gilt: Je größer und schwerer ein Auto ist, umso mehr Last kann angehängt werden. Die maximale Anhängelast von Elektroautos variiert je nach Modell und Hersteller. Einige Elektroautos können bis zu 2.500 kg ziehen, während andere nur eine Anhängelast bis 500 kg aufweisen. Spezifische Angaben für das jeweilige Modell findet man beim Hersteller oder in den Fahrzeugpapieren.

    Beispiel zu Anhängelasten:

    • Ein Hyundai IONIQ 5 kann 750 kg ziehen, das reicht für einen Besuch beim Baumarkt oder dem Möbelhaus des Vertrauens mit kleinem Anhänger.
    • Ein BMW iX zieht bis zu 2.500 kg, also einen großen Wohnwagen oder Pferdeanhänger.

    In unserem Erfahrungsbericht über E-Auto mit Wohnwagen erhalten Sie Einblicke aus dem echten Leben mit Anhänger. Ein Campingurlaub mit Tesla Model S und Wohnwagen von Eriba ist auch auf Touren durch Europa möglich.

    Side Fact:
    E-Fahrzeuge, bei denen keine Anhängelast vorgesehen ist, haben zum Teil eine Stützlast. So kann beispielsweise beim Hyundai Kona oder VW ID.3 alternativ ein Fahrradträger auf der Kupplung montiert werden.

    E-Auto-Anhängelast: Auswirkungen auf die Reichweite

    Ein nicht ganz unwichtiger Faktor beim Ziehen von Anhängern mit Elektroautos ist die Akkuleistung. Das Ziehen eines vollen Anhängers verbraucht mehr Energie als das Fahren ohne Anhänger und das kann die Reichweite reduzierten. Logisch, mehr Gewicht heißt nämlich auch beim Verbrenner mehr Verbrauch. Die meisten Elektroautos verfügen jedoch über spezielle Funktionen wie eine Anhängerstabilisierung und eine intelligente Energieverwaltung, um den Energieverbrauch zu optimieren und die Reichweite zu maximieren. In der Praxis ist in Wirklichkeit die Aerodynamik bzw. der Luftwiderstand des Anhängers ausschlaggebend für die Reichweite. Zu diesem Ergebnis kam ein Test des ADAC.

    Der Luftwiderstand nimmt quadratisch mit der Geschwindigkeit zu, ist also bei doppelter Geschwindigkeit gleich viermal so groß. Der Test ergab:

    Anhänger-Typ

    Mehrverbrauch

    klein, ungebremst und ohne Aufbau

    1 Prozent

    ungebremst mit Aufbau

    24 Prozent

    Pferdeanhänger

    83 Prozent

    Wohnanhänger

    103 Prozent

    Gemessen wurde mit einem KIA EV6 bei durchschnittlich 100 km/h mit Anhänger im Vergleich zu 120 km/h ohne Anhänger.
    e-auto-anhaenger-mit-plane
    Bei diesem nicht gerade aerodynamischem Anhänger mit Plane steigt der Mehrverbauch des E-Autos extrem.

    Das zusätzliche Gewicht hat also einen geringeren Einfluss, als man erwartet. Besonders macht es sich bei Steigungen und Beschleunigung bemerkbar. Jede Strecke bergauf geht aber auch wieder bergab, was die Stärken von E-Autos sofort hervorhebt. Über die Rekuperation kann sehr viel Energie zurückgeführt werden. Elektroautos zeigen heutzutage ganz genau an, wie weit sie noch kommen und die Anzeige ist deutlich verlässlicher als beim Verbrenner.

    Wichtig:
    Mit einem Anhänger darf man nur 80 km/h und mit Sondergenehmigung maximal 100 km/h fahren. Das kommt der Reichweite zugute. Denn das, was den Akku wirklich leer macht, sind 180 km/h auf der Autobahn. Im mäßigen Tempo zwischen den LKW bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h halbiert sich der oben genannte Mehrverbrauch. Ein E-Auto mit angehängtem Wohnwagen verbraucht dann nur noch ca. 50 Prozent mehr, anstatt 100 Prozent.

    Rekuperation mit Anhänger

    Kann die Rekuperation den Anhänger abbremsen? Ja, Rekuperation ist auch bei einem Elektroauto mit Anhänger möglich. Besonders praktisch bei ungebremsten Anhängern, die ihre zusätzliche Schubkraft auf die Rekuperation übertragen. Wer schon mal mit dem E-Auto und Anhänger in den Alpen unterwegs war, weiß, wovon die Rede ist. Hier lernt man seinen Stromer erst richtig kennen: Bergauf kann man fast zusehen, wie sich die Reichweite reduziert. Bergab wiederum erhält man dann etwa 75 Prozent der Energie wieder zurück. Theoretisch ist der Akku, wenn man auf dem Berg losfährt im Tal voller als beim Start – sofern man nicht mit 100 Prozent gestartet ist. Ein Anhänger, der selbst auch rekuperiert und Energie zurück ins Fahrzeug führt, gibt es (noch) nicht. Macht langfristig vielleicht Sinn.

    Achtung:
    Ein Anhänger oder Wohnwagen am E-Auto hat Einfluss auf den Bremsweg – vor allem bei ungebremsten Anhängern. Ein gebremster Anhänger unterstützt hingegen die Bremsung, reduziert dafür aber die Rekuperation. Mit gebremsten Anhängern sollten man so vorausschauend fahren, dass der Anhänger nicht in die Bremse läuft. Sobald der Anhänger gegen das Auto drückt, „aktiviert“ er seine Bremse, und man verliert Energie, die sonst rekuperiert werden könnte.

    Das Problem: E-Auto laden mit Anhänger

    Der Ladeanschluss am E-Auto ist nicht überall einheitlich verbaut. Je nach Hersteller und Modell muss das Ladekabel mittig vorne, vor der Fahrer- oder Beifahrertür, hinter Fahrer- oder Beifahrer hinten oder sogar am Heck eingesteckt werden. Im Alltag eigentlich kein Problem, mit Anhänger aber schon deutlich schwieriger!

    Ladesäulen stehen in der Regel nebeneinander, sodass man sie vor- oder rückwärts anfährt. Wer Tesla fährt, lädt sein Fahrzeug hinten links. Gewohnt rückwärts an die Ladesäule fahren ist mit Anhänger nicht mehr möglich und quer im Weg stehen auch keine Option. Auf der Langstrecke bleibt also meistens nichts anderes übrig, als den Anhänger abzukoppeln, bevor man an die Ladesäule fährt. Wer den Anhänger nur selten oder für kurze Wege benötigt, hat dieses Problem nicht. Einige Ladeparks in Deutschland sind so aufgebaut, dass man wie bei einer klassischen Tankstelle an der Ladestation „durchfahren“ kann. Im Sortimo Ladepark in Zusmarshausen zum Beispiel ist entsprechend mehr Platz an den 300 kW-Stationen und der Anhänger kann beim Laden dranbleiben. Am dortigen Supercharger leider nicht.

    Tesla mit Anhänger in der Praxis

    Wie gestaltet sich die Fahrt mit E-Auto und Anhänger im realen Leben? Marcus aus Erkelenz gibt uns Einblicke in seinen Alltag mit seinen vier Anhängern. Er fährt ein Tesla Model S Baujahr 2016 mit Dual-Motor und 525 PS. Diese vier verschiedenen Anhänger hat er für Firma und Freizeit:

    • Normaler Transportanhänger
    • Autoanhänger, auch für sein Boot
    • Motorradanhänger
    • Jet-Ski-Anhänger
    E-Auto mit Motorradanhänger: Tesla Model S zieht Anhänger
    Tesla Model S mit Anhänger und Roller bereit für den Transport

    Mindesten zweimal die Woche kommt einer der Anhänger zum Einsatz. Die weiteste Strecke an einem Tag waren 1.150 Kilometer (2x knapp 600). Da Marcus mit seinem Tesla lebenslang kostenlos am Supercharger laden kann, lädt er auch ausschließlich dort. Seiner Erfahrung nach sind die Supercharger so gebaut, dass man in 50 Prozent der Fälle auch mit Anhänger ranfahren kann.

    Zur Reichweite: Im Schnitt verbraucht sein Tesla Model S mit Anhänger ca. 100 kW mehr als ohne.

    „Klar schränkt das die Reichweite ein, aber das weiß man ja im Voraus. Und ich nutze ausschließlich die Ladeinfrastruktur von Tesla – die ist genial ausgebaut.“

    E-Auto mit Anhänger für Jetski
    Mit Tesla und Anhänger einen Jet-Ski aus dem Wasser holen – sieht man auch nicht jeden Tag.

    In der Stadt ist Reichweite kein Problem, selbst der Trip zum Jet-Ski-Fahren am Nachmittag oder das Boot 100 Kilometer weiter zu Wasser lassen und wieder nach Hause zu fahren ist mit einer Akkuladung drin. Auf der Autobahn funktionieren Tempomat und auch autonomes Fahren auch mit Anhänger weiterhin bequem. Von NRW nach Bayern würde Marcus aber nur mit einem Anhänger ohne Plane fahren, das wäre sonst zu ineffektiv.

    Insgesamt ist Marcus schon über 200.000 Kilometer mit seinem Tesla gefahren.

    Bildquellen: Marcus Siebenharr