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    E-Auto Akku tauschen: Batterietausch-Station machts vor

    18.11.2022 |
    Felix Bahr

    Inhalt

    In China sind sie bereits Normalität, in Deutschland sollen sie nun auch den Markt erobern. Die Rede ist von sogenannten Batteriewechsel-Stationen für E-Autos. Anstatt den Akku einfach an einer Ladesäule oder Steckdose zu laden, wird der leere Akku gegen einen vollen ausgetauscht. Der chinesische E-Autohersteller NIO hat die erste Batteriewechsel-Station Deutschlands an der A8 in Bayern bereits in Betrieb genommen. Aber wie genau funktioniert das mit dem Akkutausch und hat dieses Prinzip überhaupt eine Zukunft in Deutschland?

    Elektroauto-Akku tauschen: So funktioniert der Batterietausch

    Das Konzept, den Elektroauto-Akku zu tauschen, ist nichts Neues. Gerade scheint es aber wieder in Mode zu kommen. Dabei wird der Akku bei einem niedrigen Akkustand nicht innerhalb des E-Autos an der nächsten Säule geladen, sondern einfach gegen einen vollen getauscht. Angeblich soll die Weiterfahrt so schneller fortgesetzt werden können. In der Praxis sieht das aber etwas anders aus, da man die Ladezeit sowieso mit einer kurzen Pause koppelt. Ob man den Akku in fünf Minuten tauschen lässt und sich anschließend 10 Minuten die Beine vertritt oder eine fünfzehnminütige Kaffee-Pause während des Ladevorgangs macht, kommt aufs Selbe hinaus. Zumal der Akku ja auch nicht jedes Mal voll geladen werden muss.

    Ein großer Treiber des Akkutausch-Trends ist China
    Hier sind Wechselstationen bereits im ganzen Land verfügbar. Für China hat das Batteriewechsel-System einige Vorteile, da durch die Wechselstationen Technologie und Wissen im Land aufgebaut werden können. Dies kann China zu einem Wettbewerbsvorteil verhelfen. Die Bilanz der Tausch-Stationen ist daher nicht schlecht! Aktuell sind über 1.100 Stationen in Betrieb und die Zahl steigt weiter, da das Thema nun auch Unterstützung aus der Politik bekommt:

    • Förderung: Laut Regierungsbehörden werden E-Autos in China über einem Preis von 300.000 Yuan (fast 42.000 Euro) nicht mehr vom Staat gefördert. Einzige Ausnahmen sind E-Fahrzeuge mit austauschbaren Akkus.

    • Einheitlichkeit: Batterietausch-Stationen sind auch Teil des neuen Infrastrukturplans der Regierung. Fast alle chinesischen Autobauer richten ihre Elektroautos auf das Batteriewechselsystem aus.

    Side Fact:
    Auch in der anderen Wirtschaftsmacht USA ist das Thema Elektroauto-Akku tauschen noch nicht ganz vom Tisch. Derzeit betreibt das Start-up Ample fünf Batterietauschstationen in der San Francisco Bay Area – aber speziell nur für Uber-Fahrer. Aufgrund einer Partnerschaft mit den Investoren Shell und Eneos soll in Japan bereits im kommenden Jahr ein weiteres Pilotprojekt starten.

    Das passiert in der vollautomatischen NIO Power Swap Station

    Grundsätzlich ermöglichen Batteriewechsel-Stationen Autobesitzern, ihren fast leeren E-Auto-Akku schnell und einfach gegen einen geladenen zu tauschen. Bei der NIO Power Swap Station funktioniert der Akku-Tausch wie folgt:

    Grafik: Elektroauto-Akku-Tausch einer NIO Power-Swap-Station in drei Schritten. Fahrzeuge parken automatisch in der Station, der Tausch wird per Klick im Cockpit gestartet und Akkus werden selbstständig ausgetauscht.
    Ablauf beim Akku-Tausch in einer NIO Power Swap Station

    Der Vorteil: E-Fahrzeuge haben die Chance, den neuesten Stand der Batterietechnik zu bekommen. Zudem beschleunigen Tausch-Stationen die Batteriealterung nicht. Sie können Batterien antizyklisch und langsam laden, was wiederum die Akku-Lebensdauer erhöht.

    Der Nachteil: Während des Akku-Tauschs muss man im Fahrzeug sitzen bleiben und kann dieses auch gar nicht verlassen. Die eigentliche Pause muss also im Anschluss gemacht werden. Auch stellt sich die Frage, wer am Ende die Qualität des ausgetauschten Akkus überprüft.

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    Akkutausch beim E-Auto in einer NIO Tauschstation (Q: NIO)

    Die Grenzen von Batteriewechsel-Stationen sind nix Neues

    Das Wechseln eines Akkus scheint zwar wirklich einfach zu sein, der Durchbruch am Markt ist jedoch in weiter Ferne. Wechselstationen für E-Auto-Akkus wurden bereits 2007 von dem israelischen Start-up Better Place entwickelt, allerdings scheiterte das Unternehmen und musste 2013 Insolvenz anmelden. Renault hatte zu diesem Zeitpunkt die E-Version der Kompakt-Limousine Fluence sogar für die Batteriewechsel-Stationen ausgelegt. Später experimentierte Tesla mit der Technologie und baute mehrere Pilotstationen in Kalifornien. Der US-amerikanische E-Auto-Hersteller musste dieses Konzept sehr früh wieder einstellen, da es von den Kunden nicht angenommen wurde. Die Batterie wurde als zu persönlicher und wertvoller Teil des Fahrzeugs betrachtet, mit dem Elektroautofahrer besonders pfleglich umgehen. Kaum jemand wollte seinen eigenen E-Auto-Akku tauschen, schon gar nicht gegen einen unbekannten. Hier steht die menschliche Psychologie dem technisch Machbaren entgegen.

    Auch steht ein Tauschen der Batterie im Gegensatz zum schnell wachsenden Markt standardisierter Ladestationen. Entlang der Autobahn gibt es inzwischen etwa alle 20 km eine Schnellladestation für sämtliche E-Fahrzeuge mit bis zu 40 Ladesäulen. Selbst Tesla öffnet sein Supercharger für andere Marken. Der Fokus liegt also viel mehr auf:

    • Schnellladen: Internationale Autobauer wie BMW, VW, Mercedes und auch Tesla zeigen kein wirkliches Interesse an austauschbaren Akku-Systemen. Gleichzeitig setzen Stromkonzerne, Stadtwerke und Autohersteller selbst auf Schnellladetechnologien. Mit fortschreitendem Netzausbau und immer besser werdender Ladeinfrastruktur wird es bestimmt schwer, Investoren von einer konkurrierenden Ladelösung zu überzeugen.
    • Kürzere Ladezeiten: Ladezeiten von E-Autos werden immer kürzer und Batterien vertragen immer höhere Ladespannungen. Das ermöglicht neben DC-Laden auch Hypercharging und volle Akkus in weniger als 20 Minuten. Gleichzeitig macht die Batterietechnik Fortschritte und eine Einheitsbatterie, die den Akkuwechsel definitiv erleichtern würde, rückt immer weiter in Ferne.

    Power-Swap-Stations: Eine erste Bilanz

    Der Austausch von Batterien wird zukünftig immer herstellerspezifisch bleiben. Auch ist der Zeitgewinn beim Tausch der Batterie gegenüber dem Aufladen nicht wirklich relevant. Beim Aufladen nutzt man die Zeit für einen Imbiss, den Toilettenbesuch oder um sich einfach mal kurz die Beine an der frischen Luft zu vertreten. Das Auto lädt mit ca. 20 Minuten schneller, als man all das erledigen kann. Deshalb werden Batteriewechsel-Stationen niemals die Dichte eines Ladenetzwerks erreichen. Und unter uns: Eine erste Batteriewechsel-Station in Deutschland scheint mehr ein Marketing-Gag zu sein, genau wie das Event von Tesla in 2013.