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    Bidirektionales Laden: Vorteile und Herausforderungen

    Bidirektionales Laden

    Inhalt

    Ein Elektrofahrzeug benötigt Energie aus dem Stromnetz, um seine Batterie aufzuladen. Dabei fließt die Energie nur in eine Richtung: vom Stromnetz zum Auto. Was wäre aber, wenn ein Elektroauto nicht nur Strom aus dem Netz bezieht, sondern auch Strom ins Netz zurückspeist? Genau diesen Vorgang beschreibt das bidirektionale Laden.

    Volle Ladung Wissen zu Bidirektionales Laden auf einen Blick

    • Ein Elektrofahrzeug kann nicht nur Strom aus dem Netz beziehen, sondern auch Strom in das Netz zurückspeisen. Dieses Prinzip wird als bidirektionales Laden oder Vehicle-to-Grid (V2G) bezeichnet.
    • Es gibt drei Hauptkonzepte des bidirektionalen Ladens: Vehicle-to-Load (V2L), Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Grid (V2G).
    • Bidirektionales Laden bietet Vorteile wie Energieeffizienz, Netzstabilisierung, Umweltfreundlichkeit, Unterstützung erneuerbarer Energien und wirtschaftliche Vorteile.
    • Es gibt jedoch auch Nachteile wie Batterieverschleiß, Garantieverlust, technische Herausforderungen, Energieverlust und begrenzte Verfügbarkeit von Wallboxen.
    • Einige Unternehmen und Städte haben bereits Pilotprojekte gestartet, um die Vorteile des bidirektionalen Ladens zu nutzen.

    Was ist bidirektionales Laden?

    Bidirektionales Laden, oft auch als Vehicle-to-Grid (V2G) bezeichnet, ist eine Technologie, die es Elektrofahrzeugen ermöglicht, nicht nur Strom aus dem Netz zu beziehen, sondern auch überschüssige Energie zurück ins Stromnetz zu speisen. Besonders nützlich kann das sein, um Netzschwankungen auszugleichen und erneuerbare Energiequellen effizienter zu nutzen.

    Stellen Sie sich vor, Ihr Elektroauto ist an eine Ladestation zu Hause oder einem Ladepark angeschlossen und hat bereits eine volle Batterie. Anstatt nur dort zu stehen, könnte Ihr Auto nun als temporärer Speicher dienen. Wenn zum Beispiel der Strombedarf hoch ist und das Stromnetz zusätzliche Energie benötigt, könnte Ihr Auto einen Teil seiner gespeicherten Energie zurück ins Netz speisen.

    Diese Technologie hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile für Besitzer von Elektroautos, sondern kann auch dazu beitragen, das Stromnetz stabil zu halten und den Bedarf an zusätzlichen Kraftwerken zu verringern.

    V2L, V2H, V2G: Drei Ladekonzepte

    1. Vehicle-to-Load (V2L)

    Die gängigste Methode, die bereits in einigen Fahrzeugmodellen verfügbar ist, ermöglicht es, im Elektroauto eine Standard-Schuko-Steckdose zu haben. Hiermit können unterwegs elektronische Geräte verbunden werden. Dieses Feature wird als Vehicle-to-load (V2L) oder auch Vehicle-to-Device (V2D) bezeichnet. Modelle wie der Hyundai Ioniq, Kia Niro oder einige von MG bieten diese nützliche Funktion. Auch wenn es nicht revolutionär ist, ist es dennoch sehr nützlich, insbesondere für Camper oder Personen, die unterwegs Energie benötigen

    2. Vehicle-to-Home (V2H)

    Das zweite Konzept ermöglicht es, dass das an die Wallbox angeschlossene Elektroauto Energie an das hauseigene Stromnetz abgibt. Dies wird als Vehicle-to-Home (V2H) bezeichnet. In diesem Szenario ist das Elektroauto an die Wallbox des Hauses angeschlossen und gibt bei Bedarf – beispielsweise wenn die Solaranlage auf dem Dach temporär keinen Strom produziert – die zuvor gespeicherte Energie für den Eigenverbrauch frei.

    Vehicle-to-home - V2H

    3. Vehicle-to-Grid (V2G)

    Das dritte und fortschrittlichste Konzept ist das Vehicle-to-Grid (V2G). Hierbei wird die in der Batterie gespeicherte Energie nicht nur ins eigene Netz, sondern in das gesamte Stromnetz eingespeist. Die Idee dahinter ist, dass durch intelligente Vernetzung zahlreiche Elektroautos zu einem virtuellen Kraftwerk kombiniert werden, um die Energieversorgung zu stabilisieren, insbesondere während der Hauptverbrauchszeiten.

    Vehicle-to-grid - V2G

    Welche Vorteile hat das bidirektionale Laden?

    Das bidirektionale Laden über ein Elektroauto bietet eine Vielzahl von Vorteilen, sowohl für Sie als Einzelperson als auch für die Allgemeinheit:

    • Energieeffizienz
    • Netzstabilisierung
    • Umweltfreundlichkeit
    • Unterstützung erneuerbarer Energien
    • Wirtschaftliche Vorteile

    Energieeffizienz

    Das bidirektionale Laden ermöglicht es Elektroautobesitzern, ihre Fahrzeuge in Zeiten aufzuladen, in denen der Strompreis besonders günstig ist. Vor allem beim Aufladen in der Nacht sinken die Preise, wenn die Nachfrage nach Strom geringer ist. Durch diese gezielte Nutzung können erhebliche Kosteneinsparungen erzielt werden.

    Netzstabilisierung

    Durch bidirektionales Laden können Elektrofahrzeuge als temporäre Energiespeicher dienen. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn es darum geht, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, die durch die unregelmäßige Produktion von erneuerbaren Energien entstehen können. Beispielsweise produzieren Windkraftanlagen an einem windigen Tag überdurchschnittlich viel Energie. Elektroautos können die überschüssige Energie speichern und zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins Netz einspeisen, etwa wenn der Wind schwächer wird.

    Umweltfreundlichkeit - CO2 Reduzierung

    Durch das bidirektionale Laden und die damit verbundene effizientere Nutzung von Energie können CO2-Emissionen signifikant reduziert werden. Dies trägt maßgeblich zu einer saubereren Umwelt bei und unterstützt die globalen Bemühungen, den Klimawandel zu bekämpfen.

    Unterstützung erneuerbarer Energien

    Bidirektionales Laden ist ein wichtiger Faktor für die Integration von erneuerbaren Energien in das Stromnetz. Ein Dorf mit vielen Solarpaneele zeigt, wie das funktioniert. An sonnigen Tagen gibt es zu viel Strom. Die Bewohner des Dorfes können ihre Elektroautos mit überschüssiger Energie aufladen und sie später, zum Beispiel am Abend, wenn die Sonne nicht mehr scheint, wieder ins Netz einspeisen.

    Wirtschaftliche Vorteile

    Nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen und Gemeinden können von den wirtschaftlichen Vorteilen des bidirektionalen Ladens profitieren. Durch den Verkauf von überschüssiger Energie, die durch erneuerbare Energiequellen erzeugt wurde, können zusätzliche Einnahmen erzielt werden. Damit wird eine attraktive Möglichkeit geschaffen, die Effizienz von Elektrofahrzeugen und erneuerbaren Energiesystemen weiter zu steigern.
     

    Gibt es auch Nachteile?

    Wie bei jeder Technologie gibt es ein paar Schwierigkeiten und mögliche Nachteile, die man bedenken sollte:

    • Batterieverschleiß
    • Garantieverlust
    • Technische Herausforderungen
    • Energieverlust
    • Verfügbarkeit von Wallboxen

    Batterieverschleiß

    Bidirektionales Laden bedeutet, dass die Batterie eines Elektroautos sowohl zum Fahren als auch zum Speichern und Zurückgeben von Energie genutzt wird. Jeder Ladezyklus beeinflusst die Lebensdauer der Batterie. Übermäßiges Laden und Entladen kann den Batterieverschleiß beschleunigen, insbesondere wenn sie häufig vollständig entladen und wieder aufgeladen wird.

    Garantieverlust

    Die Nutzung von Elektroautos für bidirektionales Laden kann Auswirkungen auf die Batteriegarantie haben. Einige Hersteller könnten die Garantie einschränken oder aufheben, wenn das Fahrzeug regelmäßig Energie ins Netz zurückspeist. Ein prägnantes Beispiel ist Tesla, wo bestimmte Anwendungen die Garantie ungültig machen können.

    Technische Herausforderungen

    Bidirektionales Laden, insbesondere Vehicle-to-Grid (V2G), ist technisch anspruchsvoll. Es geht darum, Elektroautos als Energiespeicher für das gesamte Stromnetz zu nutzen. Herausforderungen sind unter anderem die Umsetzung von dezentralen Energiespeichern und die Bereitstellung von Energiekapazitäten bei steigenden Fahrzeugzahlen.

    Konkret bedeutet das folgendes: Die Energiespeicher (in diesem Fall Elektroautos) würden sich dem direkten Zugriff der Netzbetreiber entziehen. Eine Erfassung der verfügbaren Kapazitäten wäre aufwendig und die Steuerbarkeit und Planbarkeit schwierig und mit Risiken behaftet. Eine weitere technische Hürde ist die Frage, wie die Energiekapazitäten bei einem plötzlichen Anstieg der Fahrzeugzahlen in den Netzen bereitgestellt werden können.

    Energieverlust

    Beim bidirektionalen Laden entstehen Energieverluste durch den Umwandlungsprozess. Es gibt aktuell zwei technische Ansätze für das bidirektionale Laden, beide mit eigenen Energieverlusten.

    CHAdeMO oder CCS-Mode-4-Ladesystemen: Bei der CHAdeMO Methode wird Gleichstrom aus dem E-Auto entnommen und mit einer Art externem Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt, um ihn so für das Hausnetz nutzbar zu machen.

    Typ 2 Stecker: Hier kann der Wechselstrom direkt aus dem E-Auto zurückgespeist werden. In der Zukunft soll diese Variante durch V2G bzw. V2X (Vehicle-to-everything durch Anwendung der ISO 15118 (ein internationaler Standard, der die bidirektionale Kommunikation zwischen Elektrofahrzeug und Ladesäule regelt) umgesetzt werden. Hier besitzt das E-Auto selbst direkt die Funktion des Wechselrichters. Bei beiden Methoden treten Energieverluste auf, die durch den Umwandlungsprozess und den Wirkungsgrad der beteiligten Komponenten verursacht werden. Dadurch wird nicht die gesamte gespeicherte Energie effizient zurück ins Netz gespeist.

    Verfügbarkeit von Wallboxen

    Für bidirektionales Laden von E-Autos sind spezielle Wallboxen erforderlich. Obwohl die Technologie fortschreitet, sind solche Wallboxen und kompatible Fahrzeuge derzeit noch begrenzt und tendenziell teurer. Es wird jedoch erwartet, dass in den kommenden Jahren mehr Optionen verfügbar sein werden. Eine derzeit attraktive Anwendungsmöglichkeit in Deutschland ist die Nutzung von Photovoltaikanlagen. In Sachsen soll die Photovoltaik-Kapazität bis zum Ende der Legislaturperiode nahezu verdoppelt werden.

    Wer nutzt bereits bidirektionales Laden?

    Nicht nur E-Mobility-Nutzer haben die Vorteile dieser Technologie bereits erkannt, auch Unternehmen nutzen sie aktiv. Einige Städte haben besondere Pilotprojekte gestartet.

    Energieunabhängige Gebäude und Hallen

    Einige moderne Gebäude und Hallen sind so konzipiert, dass sie energieunabhängig sind. Das bedeutet, dass sie ihren eigenen Strom produzieren und speichern können. Bidirektionales Laden spielt hier eine Schlüsselrolle. Das Ziel ist es, den Energiebedarf des Gebäudes zu decken und gleichzeitig die Netzstabilität zu gewährleisten.

    Pilotprojekte in Städten

    Einige Städte haben Pilotprojekte gestartet, um die Vorteile des bidirektionalen Ladens zu testen. Diese Projekte zielen darauf ab, das Stromnetz zu stabilisieren, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen und die Emissionen zu reduzieren.

    • Hyundai: Das Unternehmen testet in Deutschland und den Niederlanden den Einsatz seiner E-Autos als Pufferspeicher für regionale Stromnetze (V2G).
    • Nissan: In einem Pilotprojekt engagieren sich 135 Leaf-Besitzer und nehmen das bidirektionale Laden bei Alltagsbedingungen unter die Lupe.
    • Sono Motors: Der Münchner E-Automobilentwickler hat für sein E-Auto, den Sion, mit der deutschen Firma Kostal eine bidirektionale Ladelösung entwickelt.
    • The Mobility House und Ambibox: Diese Unternehmen haben ein offenes V2G-Testlabor für bidirektionales Laden eröffnet.

    Bidirektionales Laden: Was kommt als Nächstes?

    Die Technologie des bidirektionalen Ladens ist bereits in der Praxis angekommen, steht aber noch am Anfang ihrer Entwicklung. Die Zukunft verspricht viele Innovationen in diesem Bereich. Hier sind einige Trends und Erwartungen:

    Weitere Forschung

    Unternehmen und Forschungseinrichtungen legen großen Wert darauf, die Technologie des bidirektionalen Ladens zu verbessern. Zum Beispiel arbeiten Renault und die Certified Association Executive (CAE) gemeinsam an einem hocheffizienten Bordladesystem für Elektroautos.

    Integration in das Smart Grid

    Das bidirektionale Laden wird eine Schlüsselrolle in den zukünftigen intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) spielen.

    Zwei-Wege-Kommunikation: Ein wesentlicher Bestandteil intelligenter Stromnetze ist die Fähigkeit zur bidirektionalen Kommunikation zwischen Energieversorgern und Verbrauchern. Elektrofahrzeuge mit bidirektionalem Laden können in Echtzeit Daten über ihren Ladestatus, ihren Energiebedarf und andere relevante Informationen an das Netz senden und vom Netz empfangen.

    Dynamisches Lastmanagement: Durch die Integration von V2G können Smart Grids den Energiefluss basierend auf dem aktuellen Angebot und der aktuellen Nachfrage steuern. Dies ermöglicht eine bessere Anpassung an Lastspitzen und -täler, was zu einer effizienteren und stabileren Netzleistung beiträgt.

    Erhöhung der Netzresilienz: In Zeiten von Netzstörungen oder -ausfällen können Elektrofahrzeuge als temporäre Energiequellen dienen, so das Netz unterstützen und die Wiederherstellungszeit verkürzen.

    Kostenoptimierung: Die Integration von bidirektionalem Laden ermöglicht es Energieversorgern, den Energiefluss in Echtzeit zu steuern, was zu einer effizienteren Ressourcennutzung und potenziellen Kosteneinsparungen für Verbraucher und Versorger führt.

    Neue Geschäftsmodelle

    Mit der Möglichkeit, Energie zurück ins Netz zu speisen, könnten sogar neue Geschäftsmodelle entstehen. Autobesitzer könnten beispielsweise für das Zurückgeben von Energie ins Netz vergütet werden. Ein solches Modell wird bereits am Flughafen Stuttgart getestet.

    Erweiterung der Infrastruktur

    Mit der wachsenden Popularität des bidirektionalen Ladens wird auch die Notwendigkeit einer erweiterten Ladeinfrastruktur immer deutlicher. Das könnte den Bau von mehr bidirektionalen Ladestationen in städtischen und ländlichen Gebieten einschließen.